Ich bin vor einem Jahr zum Studieren von Luxemburg nach Köln gezogen und habe mich, im Gegensatz zu vielen anderen Studenten, gegen eine WG entschieden. Ich wohne alleine, in einer 2-Zimmerwohnung im Süden Kölns. Oft werde ich gefragt, ob mir denn nicht langweilig wird, oder ich nicht einsam fühle, „so ganz alleine“. Beides kann ich, ohne zu zögern, verneinen.
Diese „Alleine Wohnen“, was für andere eine unglaublich traurige Vorstellung ist, ist für mich ein unglaubliches Privileg. Alleine wohnen hat in meinen Augen total viele Vorteile, die mich damals dazu gebracht haben mich gegen eine WG zu entscheiden und die sich in dem vergangenen Jahr nur bestätigt haben.
Ich hatte keine andere Wahl, als selbstständig zu werden.
Ich bin mit 19 in meine erste eigene Wohnung gezogen. Bis dahin war ich es gewohnt, dass meine Eltern die „Erwachsenenaufgaben“ übernehmen, wie Rechnungen bezahlen, Wäsche waschen, technische Geräte reparieren, usw. Doch plötzlich waren Mama und Papa über 200 km entfernt und ich hatte keine andere Wahl, als mich um alles zu kümmern. Hätte ich Mitbewohner gehabt, hätten diese mir mit Rat und Tat zu Seite stehen können, doch das war nun mal nicht der Fall. Trotzdem habe ich mit Hilfe von Google und etwas gesundem Menschenverstand jede Aufgabe bewältigt – und es gibt kaum ein besseres Gefühl als der Stolz nachdem man zum ersten Mal einen Fernseher angeschlossen, eine Waschmaschine repariert oder einen Kühlschrank enteist hat – alleine. Meiner persönlichen Entwicklung hat dieses „ins kalte Wasser geschmissen werden“ und komplett auf mich alleine gestellt sein total gutgetan.
Ich mag es, Zeit mit mir selbst zu verbringen.
Wenn Leute mich fragen, ob mir denn nicht langweilig wird, wenn ich alleine bin, find ich das immer auf eine Weise schade. Sollte es nicht das Normalste der Welt sein, dass man sich selbst unterhalten und alleine Spaß haben kann? Ich für meinen Teil mag Spaziergänge am Rhein, Abende auf der Couch und meine abendliche Wellnessroutine – „so ganz alleine“. Mir tut es unglaublich gut Zeit mit mir selbst zu verbringen – je mehr Zeit ich alleine verbringe, desto ausgeglichener, motivierter, inspirierter und reflektierter bin ich. Natürlich mag ich es auch Zeit mit Freunden zu verbringen, das tu ich ja auch, aber danach genieße ich es nach Hause zu kommen und niemanden um mich herum zu haben. Me-time ist soooo wichtig!
Selbstreflektion als Schlüssel zum Glück.
Seit ich alleine wohne, habe ich viel mehr Zeit mich intensiv mit mir selbst zu beschäftigen – ich hinterfrage meine Denkweise und meine Handlungen mehr als je zuvor. Dadurch haben sich meine Ansichten zu gewissen Dingen im letzten Jahr stark verändert – mein Umgang mit Geld und mein Konsumverhalten haben sich dadurch zum Beispiel ins Positive entwickelt, genau so hat sich meine Ernährungsweise meiner Meinung nach verbessert. Andere Ansichten haben sich wiederum gefestigt und habe noch viel mehr Bewusstsein dafür entwickelt, was mir wichtig ist und wofür ich stehen möchte. Ich habe dadurch, dass ich viele Stunden komplett alleine bin, richtig viel Zeit nachzudenken, und ich habe das Gefühl, dass ich dadurch noch mehr im reinen mit mir selbst bin, als zuvor.
Alleine sein steigert meine Produktivität.
Ich bin ein Mensch, der total gerne plant, um seine Zeit möglichst effektiv zu nutzen und trotzdem genug Freizeit zu haben. Wenn ich alleine in meiner Wohnung bin, kann ich mir relativ sicher sein, dass mir keiner in diesen Plan hineingrätscht – keiner der plötzlich meine Hilfe braucht, mit dem ich mich auf dem Flur in ein Gespräch verwickele, oder der gerade dann das Bad, die Küche oder den Staubsauger benutzt, wenn es mir am wenigsten passt. Noch nie hatte ich das Gefühl, meine Zeit so gut zu nutzen, wie in diesem Jahr. Ich habe Uni, Hobbys und Freunde und Familie perfekt unter einen Hut bekommen – und mein Stresslevel war quasi bei 0.
Keine Kompromisse!
Mein letzter Punkt ist wohl auch der offensichtlichste. Man muss keine Kompromisse eingehen: Man kann zu jeder Zeit in die Küche oder ins Bad, man räumt dann auf, wenns einem passt, ohne dass jemand von der Unordnung gestört wird und man kann die komplette Wohnung nach seinen eigenen Wünschen gestalten. Das sind natürlich alles first world problems, aber trotzdem etwas, worüber ich mich im Alltag oft freue.
Für mich persönlich war eine eigene Wohnung die einzig richtige Entscheidung. Ich kenne aber auch Leute, die das WG-Leben lieben und es sich überhaupt nicht vorstellen können alleine zu wohnen, genau so wenig ich es mir für mich vorstellen kann, Mitbewohner zu haben. Das ist wahrscheinlich einfach typabhängig. Ich möchte niemanden dazu überreden, alleine zu wohnen, sondern euch davon überzeugen zu reflektieren und herauszufinden was für euch der richtige Weg ist. Es gibt da kein Richtig und kein Falsch, aber für mich ist es, genau wie es jetzt ist, richtig! Natürlich hat alleine wohnen auch Nachteile, gerade was den finanziellen Aspekt angeht. Ich auf jeden Fall total froh und dankbar für meine jetzige Wohnsituation.
Seid ihr eher der WG-Mensch oder wohnt ihr lieber alleine?
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