Ich lebe noch – auch, wenn es auf diesem Blog in den letzten Wochen nicht danach aussah. Ich habe die Zeit genutzt um, an meinen größten Ziele für dieses Jahr – meinem Abschluss und der Jobsuche – zu arbeiten. Meine Masterarbeit ist nun abgegeben, mein Kolloquium-Termin steht und der Vertrag für meinen ersten Vollzeitjob ist unterschrieben. Ab September beginnt eine komplett neue Lebensphase auf die ich mich sehr freue. Gleichzeitig haben die Veränderungen, die jetzt anstehen und die Entscheidungen, die in der ersten Jahreshälfte getroffen werden mussten, mich dazu angeregt, die vergangenen Jahre Revue passieren zu lassen und meine Entwicklung zu reflektieren.


In dem Kontext habe ich mich viel mit dem Thema erwachsen werden auseinandergesetzt. Das ist etwas, was in meinen Augen weder mit dem 18. Geburtstag noch mit dem Auszug aus dem Elternhaus abgeschlossen ist. Es ist ein stetiger Prozess und ich frage mich, ob ich jemals an einem Punkt sein werde, wo ich zu 100 Prozent das Gefühl haben werde: „Jetzt bin ich erwachsen.“ Vielleicht finde ich dieses Endziel aber auch gar nicht erstrebenswert, sondern schätzte die Herausforderung und die Entwicklung.
In einem meiner philosophischen Momente ist mir bewusst geworden, was „erwachsen werden“ für mich bedeutet.
Ehrlich sein: vor allem zu sich selbst.
Erwachsen werden bedeutet ehrlich sein – ehrlich darüber, was man fühlt, was man möchte, was man braucht, mit wem man sich gerne umgibt usw.. Der Moment, in dem mir am meisten bewusst geworden ist, wie wichtig diese Ehrlichkeit ist, war der als ich mir nach Jahrelangem Schwärmen von meinen Promotionsplänen und Suchen nach Themen und Betreuer*innen eingestanden habe, „ich möchte jetzt nicht promovieren.“ Mir bewusst zu werden, dass das Bild von meiner Zukunft, das ich mir ausgemalt, aber auch anderen so kommuniziert habe, gar nicht das ist, was mich aktuell glücklich machen würde, war ein super wichtiger Schritt. Er hat mir die Freiheit gegeben, umzuplanen und meinen nächsten Lebensabschnitt so zu gestalten, wie es sich für mich gerade richtig anfühlt. Man muss nichts machen, weil man immer gesagt hat, man möchte das so machen. Zum erwachsen Werden gehört auch, seine Meinung mal zu ändern. Das ist nur eines von vielen Beispielen.
Genauso ist es mir in den letzten Jahren auch Ehrlichkeit mit Blick auf meine Gefühlswelt sehr wichtig geworden. Ich war nie jemand und werde nie jemand sein, die gerne in großer Runde über ihr Innerstes spricht. Ich erwarte diesbezüglich von mir auch keine absolute Ehrlichkeit gegenüber anderen. (Wobei ich schon gemerkt habe, dass es Situationen manchmal einfacher und zwischenmenschliche Beziehungen stärker machen kann – aber ich selektiere hier nach Bauchgefühl.) Ich erwarte diese Ehrlichkeit von mir vor allem vor mir selbst. Gefühle jeder Art zu fühlen, anstatt sie runterzuschlucken – es ist eigentlich so banal, aber trägt meiner Meinung nach so viel zu einer langfristigen Zufriedenheit bei.
Ehrlich sein bedeutet auch, seine Prioritäten an seinen eigenen Bedürfnissen anstatt an den Erwartungen anderer auszurichten. Es bedeutet, seine Zeit mit Menschen zu verbringen, die einem gut tun, nicht mit denen, denen gegenüber man sich verpflichtet fühlt. Es bedeutet, Entscheidungen nicht rein nach logischem Verstand zu treffen. Es bedeutet, negative Glaubenssätze als solche zu erkennen und aufzubrechen. Es bedeutet lieber unangenehmen Tatsachen ins Auge zu sehen, statt in einer Illusion zu verharren.
Ich hoffe, ihr konntet aus dieser kleinen Anregung zur Ehrlichkeit irgendetwas mitnehmen. Ich bin gerade dabei mir zu überlegen, in welche Richtung der Blog sich entwickeln soll, wenn eines meiner Hauptthemen – das Studentendasein – bald wegfällt. Ich bin mir aber sicher, dass ich mein digitales Wohnzimmer weiterhin (wenn auch nicht in regelmäßigen Abständen) nutzen werde, um Gedanken, Ideen und Tipps zu teilen.
Was bedeutet erwachsen werden für euch? Schreibt es mir gerne in die Kommentare. Und gerade von den Älteren würde mich interessieren: Kommt man irgendwann an einen Punkt, an dem man sich vollkommen erwachsen fühlt?
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