Im April 2022 beginnt mein letztes Semester und damit der Anfang der Phase, in der ich meine Masterarbeit schreibe. Doch ich fange jetzt schonmal mit der Vorbereitung an. „Hä?“ denkt sich nun jeder leidenschaftliche Prokrastinierer.
Ich kann euch diese Strategie, eure Abschlussarbeit vorzubereiten, bevor es offiziell losgeht, nur ans Herz legen. Bei der Bachelorarbeit habe ich das auch gemacht – damals habe ich allerdings „nur“ 2 Monate bevor ich meine Betreuer*innen zugeteilt bekommen habe, angefangen – und habe damit sehr positive Erfahrungen gemacht: Mit den Informationen, die ich gesammelt hatte, konnte ich sofort vom Thema überzeugen, hatte bei der Umsetzung völlige Freiheit, konnte den Prozess ohne viel Stress genießen und war mit dem Ergebnis super zufrieden. Ich hoffe, dass das diesmal bei mir genauso läuft und, dass ich vielleicht den ein oder die andere von euch dazu motivieren kann, sich auch schon vorab mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Die Themenfindung
Für die Themenfindung gibt es leider keinen Geheimtrick, soweit ich weiß. Ich führe seit Jahren eine Liste, auf der ich Ideen sammele, bei der Bachelor- und der Masterarbeit war es aber am Ende so, dass die Idee zu dem finalen Thema mir ganz plötzlich gekommen ist. Da wusste ich auch sofort „das wird es!“ Das bedeutet aber nicht, dass andere nicht vielleicht durch eine systematische Suche oder aktives Nachdenken zu ihrem Thema finden. Hier verlinke ich euch nochmal den Blogpost zu meinen Bachelorarbeit-Themen, die es nicht geworden sind – vielleicht ist ja da eine Inspiration dabei.
Themenidee mit Professor*innen besprechen
Ich weiß, das ist an jeder Uni anders geregelt, aber bei uns ist es so, dass wir unsere potenziellen Betreuer*innen nicht eigenständig anfragen dürfen. Da es in jedem Fachbereich nur recht wenige Professor*innen gibt und jede*r von jemandem betreut werden soll, mit dem er oder sie zufrieden ist, wird viel Wert auf eine faire Verteilung gelegt. Dementsprechend kann am Ende des WS21/22 jeder seinen Erst- und Zweitwunsch einreichen und die Fachbereichsleitung übernimmt dann die Verteilung. Mit wäre es natürlich lieber, wenn ich mir meine Wunschprofessorin jetzt schon hätte sichern können, um schon richtig loslegen zu können – das war hier leider nicht möglich, aber wenn das bei euch lockerer ist, würde ich euch das auf jeden Fall empfehlen.
Um aber trotzdem schonmal ein professionelles Feedback zu meiner Idee zu bekommen, habe ich sie meinem Fachbereichsleiter geschickt, der mir versichert hat, dass jede*r Professor*in dieses Thema begrüßen würde mich dazu ermutigt hat, schonmal loszulegen. Das war genau der Impuls, den ich gebraucht habe, um mich guten Gewissens in die Recherche stürzen zu können.
So ganz auf eigene Faust loslegen und das Risiko eingehen, dass man zu viel Zeit in etwas investiert, was nachher wieder über den Haufen geschmissen wird, würde ich nicht. Deshalb versucht, jemanden zu finden, der Ahnung von dem Thema hat, auf dessen Meinung ihr vertraut und der euch bei Fragen helfen kann – unabhängig davon, ob diese Person am Ende auch die Betreuung eurer Abschlussarbeit übernimmt oder nicht.
Keine Pressemitteilung rausschicken, bitte
Das Thema mit jemandem zu besprechen finde ich, wie gesagt wichtig, weil man selber manchmal so euphorisch ist, dass man kritische Punkte übersieht. Aber das konkrete Thema sollte man wirklich nur mit ausgewählten Personen teilen. Der Sinn einer wissenschaftlichen Arbeit besteht ja immer darin, eine Frage zu beantworten, die davor noch keiner beantwortet hat. Deshalb würde ich dazu raten, die eigene Themenidee nicht zu laut herauszuposaunen, wenn es noch mehrere Monate dauert, bis man sie umsetzen kann – nicht, dass man jemanden zu sehr inspiriert. Deshalb möchte ich mein genaues Thema an dieser Stelle noch für mich behalten – auch, wenn ich sehr happy über den Einfall bin und es am liebsten sofort teilen würde. Aber was ich sagen kann, damit ihr euch ein bisschen mehr darunter vorstellen könnt: Es geht um politische Kommunikation.
Aber was mache ich denn nun konkret …
Organisieren
Ich habe damit angefangen, ein Brainstorming-Dokument zu erstellen, in dem ich bis es soweit ist, alle Ideen und Recherche-Ergebnisse sammeln möchte. Hierbei habe ich mich für ein Google Docs entschieden, um von jedem Gerät schnell darauf zugreifen zu können – die besten Ideen kommen bekanntlich ja beim Spazieren, Duschen oder kurz vorm Einschlafen. Zusätzlich habe ich mir ein Trello Board erstellt, das ich für die Organisation nutze – hierin sammele ich Quellen und erstelle mit Check-Listen und Zeitpläne. Das hat für mich damals bei der Bachelorarbeit super funktioniert.
Thema ausformulieren
Dann habe ich meine Themenidee grob heruntergeschrieben – einfach nur für mich, um das ganze auszuformulieren und mir bewusst zu werden, wie genau ich vorgehen möchte und was mir vielleicht noch unklar ist. Darin bin ich vor allem auf die Relevanz des Themas, die Forschungsfrage, den Aufbau der Arbeit und die methodische Vorgehensweise eingegangen.
Gliederung aufstellen
Anschließend habe ich eine erste Gliederung erstellt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass ich die im Laufe der Recherche noch 100 Mal umschmeißen werden, aber ich finde diese vorläufige Struktur am Anfang sehr hilfreich.
In das Thema einlesen
Die meiste Zeit der Vorbereitung auf meine Masterarbeit verbringe ich damit, durch Bücher und Journals zu blättern, relevante Informationen in mein Google Docs zu kopieren, die Informationen zu sortieren und mit offene Fragen, denen ich weiter nachgehen möchte, zu notieren. Die Recherche für den Theorieteil kann man super gut schon machen, bevor man sich zum ersten Mal mit seinen Betreuer*innen zusammensetzt. Das ist eigentlich nie verschwendete Zeit, denn auch wenn sich das konkrete Thema leicht verändert, kann man das Wissen, was man sich angeeignet hat, noch gut gebrauchen. Außerdem möchte ich, wenn ich meinen Professor*innen das Thema vorschlage auch wirklich Ahnung von den theoretischen Grundlagen und dem aktuellen Forschungsstand haben – nur so kann man sich im Endeffekt fundiert darüber unterhalten und ein schlüssiges Konzept entwickeln.
Empirie planen
Mir meine methodische Vorgehensweise überlegen und ggf. empirisches Material sammeln und ordnen, mache ich zurzeit auch schon. Ich bin mir relativ sicher, dass ich eine qualitative Inhaltsanalyse durchführen werde und auch die Stichprobe habe ich schon sehr genau im Kopf, weshalb ich demnächst schonmal eine Excel-Tabelle mit den ganzen zu untersuchenden Inhalten und einem vorläufigen Codierleitfaden anlege.
Neben der Inhaltsanalyse überlege ich, zusätzlich Experteninterviews oder eine quantitative Befragung zu machen – hierfür sammele ich gerade schon erste Fragen.
Allgemein würde ich bei der Durchführung der Erhebung aber auf jeden Fall warten, bis man das mit den Betreuer*innen abgesprochen hat, denn bei dem kleinsten Änderungswunsch in dem Kategoriensystem oder den Fragebogen müsste man sonst wieder von vorne anfangen.
Exposé schreiben
Das, was ich erarbeite, werde ich anschließend in einem Exposé von wenigen Seiten zusammenfassen. Das schicke ich dann an meine Betreuer*innen, sobald sie feststehen, damit sie sich vor unserem ersten Telefonat (oder bis dahin hoffentlich Treffen) schonmal einen Eindruck von meiner Idee verschaffen können. Da steht dann alles drin von der Relevanz des Themas, der Forschungsmotivation, der forschungsleitenden Frage, den theoretischen Ansätzen, auf denen das Ganze beruht sowie meiner methodischen Vorgehensweise und meinem Zeitplan.
Mein Workflow
Das Beste daran, dass ich jetzt noch mehr als 10 Monate habe, die ich nutzen kann, um mich auf die Masterarbeit vorzubereiten, ist, dass ich absolut keinen Zeitdruck habe und ich die Recherche da in meinen Alltag einbauen kann, wo ich gerade Lust drauf habe. Es gibt Wochen, da mache ich jeden Tag ein halbes Stündchen was und andere, da reserviere ich mir einen ganzen Tag nur für das Thema. Ich bin mir aber auch sicher, dass es in den kommenden Monaten ganze Wochen geben wird, in denen mein Masterarbeit-Dokument ungeöffnet bleibt – und das ganz ohne schlechtes Gewissen. Diese Freiheit führt bei mir zu super viel Spaß und Motivation. Ich bin niemand, der Zeitdruck braucht, um produktiv zu sein – ganz im Gegenteil, nichts motiviert mich mehr als zu wissen, dass ich das gerade nicht machen muss, es aber tue, um in einem Jahr weniger Stress zu haben und ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen.
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