Obwohl ich in der Schule eigentlich immer gute Noten hatte, war meine Allgemeinbildung als ich mein Studium begonnen habe auf einem sehr peinlichen Stand. Damals kam mir das ganz normal vor, dass ich mich in meiner Freizeit ausschließlich über die neusten Kosmetikprodukte, Promi-News und Trash-TV-Shows informierte. Ich dachte, das Wissen, was man mir in der Schule mit gibt, wird schon ausreichen. Rückblickend ist es schon sehr unangenehm, dass ich in meiner ersten Klausur im Bachelor überraschend nach 3 deutschen Nachrichtensprecher*innen gefragt wurde und mir keine Namen eingefallen sind. Ich überlegte nur „ach man, wie heißt dieser Ben von der Tagesschau nochmal mit Nachnamen?“ … ich meinte JENS Riewa … let’s not talk about it.
Gut, dass sich manche Dinge ändern. Gut, dass sich in einem schleichenden Prozess einiges in meinem Leben gewandelt hat – Polit-Talk-Shows statt „Schwiegertocher gesucht“, Wissenschaftspodcasts statt Schminktutorials und Bücher statt Daily Soaps. Am Anfang musste ich mich zugegebenermaßen dazu zwingen, mich für Information statt Eskapismus zu entscheiden. Mittlerweile kann ich mir überhaupt nicht mehr vorstellen, mir ernsthaft das Nachmittagsprogramm von RTL anzuschauen. Stattdessen fiebere ich die ganze Woche auf „Anne Will“ hin und die ARD-Mediathek wurde zu meiner Lieblingsapp. Ich lese wieder gerne – eine solche Phase hatte ich zuletzt mit 10 mit den wilden Hühnern. Ich empfinde so etwas wie Wissensdurst und fiebere nicht mehr bei Casting Shows, sondern bei realen politischen Debatten mit. Ich habe einiges nachzuholen – alles, was vor 2018 auf der Welt passiert ist, ist mit Ausnahme der in der Schule behandelten Themen, absolutes Neuland für mich. Aber ich merke total wie ich immer mehr Zusammenhänge verstehe und mich besser an Gesprächen beteiligen kann. „Once you see the results it becomes an addiction“ ist ein Zitat, was wir aus dem Fitnessbereich kennen, was ich aber auch im Bezug auf das Lernen sehr fühle.
Mein Allgemeinwissen ist längst nicht so wie ich es mir wünschen würde, aber im Vergleich zu vor 4 Jahren bin ich Einstein. Ich merke also Veränderungen, weshalb ich dachte, ich nehme euch mal auf diesem Weg mit und teile das, was mir hilft, im Alltag dazuzulernen, ohne mich neben Uni und Job noch aktiv hinsetzen zu müssen, um stundenlang zu pauken.
Dein Thema finden
Beim Lernen ist eine intrinsische Motivation unglaublich wichtig. Man braucht einen inneren Antrieb, sich mit einem Thema intensiv auseinanderzusetzen. Deshalb ist es sinnvoll, nicht einfach das zu Lernen, was man denkt, was objektiv „wichtig“ wäre, sondern das was einen am meisten interessiert. Von da an rutscht man ganz automatisch in andere Themengebiete und stellt sich immer breiter auf. Ich habe zum Beispiel mit dem Thema Nachhaltigkeit angefangen, was dann schnell bei Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, dann bei sozialer Gerechtigkeit, wozu auch Feminismus und Antirassismus gehören, von da führte der Weg zu Geschichte aber auch zu Sprache und Kommunikation was durch mein Journalismus- und PR-Studium nochmal verstärkt wurde.
Routinen
Wer nachhaltig etwas verändern möchte, braucht Routinen, da bin ich fest von überzeugt. Als ich angefangen habe, mehr Nachrichten zu konsumieren, musste ich mich jeden Tag dazu aufraffen – mittlerweile denke ich aber gar nicht mehr darüber nach, sondern es ist das normalste der Welt, mir morgens einen Nachrichtenpodcast anzumachen, während ich mich fertig mache. Wenn es zur Routine wird, kostet es weniger Kraft und es gerät nicht in Vergessenheit. Das trifft nicht nur auf das Hören, Schauen oder Lesen von Nachrichten zu, sondern auch auf das Lesen von Büchern, die Teilnahme an Online-Kursen, das Schauen von Fernsehsendungen usw.
Das richtige Medium
Was mir beim Aufbau einer gewissen Allgemeinbildung sehr entgegengekommen ist, sind Podcasts. Für mich ist dieses Nebenbei-Medium perfekt, weil ich die „verschwendete“ Zeit beim Schminken, Abwaschen, Aufräumen, Bahnfahren oder Spazieren so sinnvoll nutzen kann.
Meine Lieblings Wissenspodcast
- „6:30 by WDR aktuell“ (Nachrichten)
- „Steingarts Morning Briefing“ (Nachrichten)
- „DailyQuarks“ (Wissenschaft)
- „Talking Purpose“ (Wirtschaft)
- „Das nehme ich mal mit“ (Politik, Landespolitik, B90/die Grünen)
- „Wandeln durchs DigiTal“ (Politik, Digitalisierung)
- „Foreign Times“ (internationale Politik)
- „ThinkBEYOND“ (interne Kommunikation)
- „PR Report Podcast“ (PR)
- „OMR Education“ (Marketing)
- „Nach Redaktionsschluss“ (Medien)
- „Macht’s gleich“ (Medien, Gleichberechtigung)
- „So bin ich eben!“ (Psychologie)
- „1,5 Grad“ (Klimaschutz)
Die 10-Minuten-Regel
Mein Argument, mich nicht informieren zu „müssen“, war oft, dass ich ja keine Zeit dafür habe. Da trickse ich mich mittlerweile selbst mit der 10-Minuten-Regel aus. Ich nehme mir jeden Tag vor, 10 Minuten in einem Buch zu lesen und 10 Minuten zu einem Thema zu recherchieren, das mich an den Tag interessiert. Das steht auch so auf meiner To Do Liste und hat eine gewisse Priorität. 10 Minuten hat man nämlich immer. Wenn man etwas jeden Tag 10 Minuten macht, erzielt man dadurch über einen längeren Zeitraum hinweg tolle Ergebnisse. Hinzu kommt aber auch, dass man, wenn man dann erstmal drin ist, oft nach 10 Minuten gar nicht aufhören möchte – bei dieser Regel geht es also auch oft erstmal darum, die Hürde, überhaupt anzufangen, zu überwinden.
Von den Informationen gefunden werden
Ich finde es sehr sinnvoll, dafür zu sorgen, dass Informationen einen erreichen, auch wenn man in dem Moment nicht aktiv danach sucht. So lernt man auch an Tagen, an denen man keine Lust hat, sich zu informieren, unbewusst dazu. Zusätzlich verfestigen sich dadurch Themen, mit denen man sich zuvor schon ausführlicher auseinandergesetzt hat.
- Instagram-Accounts folgen, bei denen man etwas lernt.
- Sich mit Freunden und Familie über gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche, wissenschaftliche Themen unterhalten.
- Push-Benachrichtigungen von News-Apps aktivieren. (Aber dabei beobachten, wie sich das auf die Psyche auswirkt!)
Wiederholung
Ich lebte lange mit der Illusion, mir eine Doku anzuschauen oder ein Buch durchzulesen und dann perfekt über das Thema informiert zu sein – leider ist das meistens nicht der Fall. Erst durch Wiederholung baut man nachhaltig Wissen auf. Deshalb ist es wichtig, sich immer wieder in verschiedenen Formen mit einem Thema auseinanderzusetzen.
Das Wissen auch anwenden
Wenn wir etwas hören, merken wir uns 20%, beim Sehen 30% und bei einer Kombi von beidem 45%. Wenn wir das gelernte durch Sprechen wiederholen merken wir uns 70% und wenn wir es zusätzlich fühlen sogar 92%. Ob diese Zahlen genau stimmen, ist an dieser Stelle völlig irrelevant. Was wichtig ist, ist, dass wir uns umso mehr merken können, je mehr Sinne wir beim Lernen aktivieren. Deshalb ich es wichtig, sich sein Wissen nicht ausschließlich im stillen Kämmerlein anzueignen. Ich merke auch bei mir selber, dass sich Fakten verfestigen, wenn ich sie einmal ausgesprochen habe – zum Beispiel in einer Diskussion in einem Seminar oder mit Freunden oder Familie.
Das sind die Aspekte, die bei mir den größten Unterschied gemacht haben. Schreibt mir gerne in die Kommentare, wenn ihr weitere Tipps habt, wie man im Alltag ohne großen Aufwand Neues lernen kann.
Ein kleines, skurriles Träumchen auf meiner „Bucket List“ besteht darin, irgendwann bei „Wer wird Millionär?“ auf dem Stuhl zu sitzen – ich werde mich aber erst dann bewerben, wenn ich das Gefühl habe, ich weiß genug, um mich nicht komplett zu blamieren. Mal schauen, ob ich das schaffe, bevor der gute Herr Jauch in Rente geht. 😉
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