Infektionszahlen und Inszidenzwerte steigen. Köln ist ist Risikogebiet, Luxemburg ist Risikogebiet und wenn wir ehrlich sind, ist die ganze Welt ein einziges Risikogebiet. Man könnte ja meinen, nach 8 Monaten mit diesem Virus, hätte man sich an dieses neue „Normal“ gewöhnt – ich finde es aber immer noch komisch, mit Maske rumzulaufen, auf Abstand zu bleiben oder sich mit einem seltsamen Ellbogen-Move zu begrüßen und um in die Uni zu gehen, einfach nur den Laptop aufzuklappen. Ich hatte mir das Ende meines Bachelors und den Anfang meines Masters anders vorgestellt – ich glaube, wir hatten uns 2020 alle anders vorgestellt. Und trotzdem bleibt uns nichts anderes übrig, als uns mit der Situation zu arrangieren und das Beste daraus zu machen. Ich habe in den letzten Tagen öfter mal darüber nachgedacht, worauf ich mich nach Corona am meisten freue – auch wenn diese Gedanken aktuell, wo kein Ende in Sicht ist, sehr utopisch wirken, stimmen sie mich positiv.
- Menschen anzulächeln und Menschen lachen zu sehen. (ps. Kann bitte jemand eine durchsichtige Maske entwickeln?)
- Lange Zugfahrten, bei denen ich meine Musik oder meinen Podcast genießen kann, ohne das Gefühl zu haben, gleich zu ersticken.
- Nicht bei jedem Halskratzen zu denken, „oh, hab ich jetzt Corona?“.
- Mir meine mühevoll erarbeitete, halbwegs reine Haut nicht mehr von Maskenpickeln zerstören zu lassen.
- Mich in die Bib zu setzen und den Geruch von alten, verstaubten Büchern einzuatmen.
- Mir mein geliebtes Tomate-Mozarella-Brötchen in der Uni-Mensa zu holen.
- Mich vor Vorlesungsbeginn unterhalten zu können und während der Vorlesung mit Leuten über Blicke zu kommunizieren.
- Husten und Niesen in der Öffentlichkeit nicht unterdrücken zu müssen, um keine Massenpanik auszulösen.
- Planen zu können und mir diese Pläne dann nicht von einem veränderten Infektionsgeschehen oder irgendwelchen neuen Restriktionen über einen Haufen werfen zu lassen – also richtige Vorfreude empfinden zu können.
- Nicht sagen zu müssen „Moment, ich teile jetzt mal meinen Bildschirm“, bevor ich etwas in der Uni präsentiere, sondern mich jedes Mal auf’s neue mit einem semi-gut funktionierenden Beamer herumschlagen zu müssen.
- In den 5 Minuten-Pausen auf den riesigen Balkonen der Uni zu stehen und frische Zollstock-Luft einzuatmen, anstatt alleine in meiner Wohnung zu hocken und darauf zu warten, dass die Zoom-Session weiter geht.
- Mir nicht mehr anschauen zu müssen, wie die in der Daily-Soap Köln50667 versuchen Kussszenen zu spielen, ohne dass sich die Gesichter berühren – cringe level 100.
- Nicht den glauben an die Menschheit verlieren zu müssen, wenn ich durch Facebook scrolle und mit den Hirngespinsten von Verschwörungstheoretikern konfrontiert werde.
- Mich darüber aufregen zu können, über welche irrelevanten Stories luxemburgische Medien berichten, weil sonst nichts Spannendes passiert. Wo war bitte das Sommerloch 2020?
- Ganz normal mit Menschen zu interagieren ohne mir Gedanken darüber machen zu müssen, ob sich die Person in meiner Nähe bedroht fühlen könnte.
- Wieder ein gutes „oh, ich bin ja richtig sozial“-Gefühl zu haben, wenn ich mich mit Freund*innen treffe. Aktuell wird das bei mir ja eher von dem Gedanken „das fühlt sich irgendwie verboten an“ begleitet.
- Menschen zu umarmen. Sobald es wieder erlaubt und gesellschaftlich anerkannt ist, gibt’s bei mir free hugs, Leute!
Ich freue mich darauf, mir diese Liste durchzulesen, wenn es denn dann irgendwann soweit ist. Ich finde es aber auch ganz wichtig zu betonen, dass ich – bzw. wir, wenn ihr ähnliche Punkte auf euer Vorfreude-Liste stehen habt – in einer sehr priviligierten Lage stecken. Ein komisches Bauchgefühl bei jeder sozialen Interaktion, Probleme mit dem Maskentragen und das Vermissen des unbeschwerten Alltags sind lächerlich gegenüber der Existenzängste und Überlebenskämpfe, durch die andere gerade gehen. Deswegen schreibe ich diesen Beitrag nicht nur zu eurer Belustigung, sondern auch um uns alle nochmal daran zu erinnern, dass eigentlich alles gut ist.
Worauf freut ihr euch am meisten?
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