Widersprechen oder spenden – „Organspende soll zum Normalfall werden“

„Organspende – ja oder nein?“ Das ist leider eine der Fragen, um die viele sich ein Leben lang drücken. Das, obwohl Menschenleben von dieser Entscheidung abhängen. Um die Menschen dazu zu bringen, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen, möchte der Bundesminister für Gesundheit, Jens Spahn, ein neues Gesetz ins Leben rufen. Diese sogenannte „doppelte Wiederspruchslösung“ würde mit sich bringen, dass jeder potenzieller Organspender ist, es sei denn er verneint das während Lebzeiten oder die Angehörigen sprechen sich nach dem Tod dagegen aus. Momentan gibt es in Deutschland die „doppelte Zustimmungsreglung“, d.h. man geht davon aus, dass jemand seine Organe nicht spenden möchte, bevor er – oder seine Angehörigen – nicht explizit sagen, dass er das möchte. Durch die neue Reglung soll, so Spahn gegenüber der Bild-Zeitung, „Organspende zum Normalfall werden“.

Niemand zwingt einen dazu, zu spenden!

Durch die Veränderung des Gesetzes bleibt die Organspende noch immer etwas freiwilliges, etwas was jeder für sich persönlich (oder für seine Angehörigen) entscheiden kann – nur das Verfahren wird geändert. Man kann immer noch ohne Begründung „nein“ sagen. Nur wenn man das nicht aktiv tut, wird man zum potentiellen Organspender.

Eine gute Lösung, wenn man bedenkt, dass die Tatsache, ob man einen Organspendeausweis besitzt oder nicht, oft nicht den Willen widerspiegelt. Genau so wie man sich vornimmt, wieder mehr Sport zu treiben, und es schlussendlich nie macht, nimmt man sich vor sich demnächst um diesen Ausweis zu kümmern oder mit Angehörigen darüber zu sprechen – doch irgendwann ist es zu spät. Man will sich eher um das Positive, als um das Negative kümmern – im Prinzip ein Verhalten, das ich nur bejahen kann, aber nicht wenn die eigene Ignoranz andere Menschen in den Tod führt. Informieren, und sich fragen ob man das möchte oder nicht – dazu wird man von dem neuen Gesetz gezwungen, nicht dazu, zu spenden!

Die „doppelte Wiederspruchslösung“ rettet nicht alle 10.000 Menschen…

Mehr als 10.000 Menschen warten derzeit in Deutschland auf ein Spenderorgan und viele davon sterben auf der Warteliste. Nicht mal dieses neue Gesetz könnte all diesen Menschen helfen, wenn man bedenkt, dass nur Hirntote spenden können (es gibt einen Unterschied zwischen „tot“ und „hirntot“, den ich mich aber nicht in der Lage sehe, zu erklären, also: http://www.gidf.de/) und selbst dann kann – Alters- oder krankheitsbedingt – nicht immer gespendet werden. Aber selbst, wenn der Fall eintritt, dass man die Organe nach dem Tod nicht gebrauchen kann, hat man doch nichts zu verlieren! Nur weil die Gefahr besteht, dass man kein Leben retten kann, sollte man es nicht einmal versuchen? Immerhin ist es so, dass je mehr Menschen „ja“ zu Organspende gesagt haben, desto höher ist die Chance, dass einem Patienten geholfen werden kann.

Es ist klar, dass das Problem nicht nur bei zu wenigen Organspendewilligen liegt, sondern auch im System, der Organisation und Handhabung in den Kliniken. An Letzterem können wir, „als normale Bürger“ leider nichts ändern. Allerdings sollten wir, die Macht, die wir haben – die Zahl potenzieller Organspendern zu steigern und somit dem Problem wenigstens ein bisschen entgegenzuwirken – nutzen.

Und was ist mit den Angehörigen?

Die Angehörigen stehen, wenn der Tote sich zu Lebzeiten nicht gegen die Organspende entschieden hat, nach wie vor vor einer schweren Entscheidung, keine Frage. Aber ich denke, wenn die „doppelte Widerspruchsreglung“ eintritt und man somit automatisch Spender wäre, würde innerhalb von Familien mehr über das Thema gesprochen werden. Wenn man wirklich etwas dagegen hat, dass die Organe nach dem Tod gespendet werden, wird man das doch seinen Angehörigen mitteilen, wenn man weiß, dass man es anders nicht verhindern kann, oder nicht?

Stichwort Korruption…

Von Organspendegegnern hört man immer wieder die Angst, dass Leute Organe bekommen, die sie gar nicht brauchen, um Geld zu machen, oder man mit Organspenderausweis, von Ärzten weniger lang „am Leben gehalten wird“. Das find ich ein schwieriges Thema, wo ich natürlich nicht in der Lage bin, mit 100%iger Sicherheit zu sagen, ob da was dran ist oder nicht. Ich gehe einfach mal von dem Guten im Menschen aus… außerdem denke ich, dass eine Organtransplantation nichts ist, was mal eben so gemacht wird, sondern, dass das schon kontrolliert wird.

Mein Wort zum Sonntag…

„Organspende – ja oder nein?“ Da gibt es keine universelle Antwort drauf. Das muss jeder für sich selber entscheiden, da gibt es kein Richtig und kein Falsch. Was aber auf jeden Fall falsch ist, sich nicht mit dem Thema auseinanderzusetzen. Nur weil man selber gesund ist und leben kann und man sich nicht mit dem Tod konfrontieren möchte, soll anderen Menschen die Chance auf Leben genommen werden? Die Wahrscheinlichkeit, dass man ein Organ braucht, ist wesentlich höher, als dass man wirklich selber zum Spender wird. Stellt euch vor ihr selbst, oder eine Person, die euch nahe steht, bräuchte ein Organ… würdet ihr wollen, dass das nicht möglich ist, nur weil gesunde Menschen sich nicht mit der Frage „was passiert nach dem Tod mit meinem Körper?“ konfrontieren möchten?!

Ich habe einen Organspendeausweis, seit ich 16 bin, aber mir geht es nicht darum, euch zu überzeugen, Spender zu werden, sondern euch darüber zu Informieren und mit der Frage auseinanderzusetzen. Es geht nicht um meine persönliche Vorstellung vom Tod, meinen Willen verbrannt zu werden und meine Meinung, dass es besser ist, mit den eigenen Organen ein Leben zu retten, als sie von Würmern fressen zu lassen. Es geht darum, dass ich denke, dass wir eine Verpflichtung, den Menschen die auf Organe warten gegenüber, haben, uns zumindest einmal mit der Frage zu beschäftigen.

Ich finde es, egal wie im Endeffekt entschieden wird, gut, dass durch den Gesetzesentwurf die Diskussion in Gang kommt und die Menschen anfangen, sich mehr mit dem Thema auseinanderzusetzen. Aufklärung über das Thema ist noch viel wichtiger, als die rechtliche Handhabung.

Nimm deinen Angehörigen die Entscheidung ab…

Egal ob „Zustimmungs-“ oder „Widerspruchsregelung“ – am einfachsten ist es für jeden, wenn man sich, so früh wie möglich, einen Organspendeausweis besorgt. Darauf kann man „ja“ oder „nein“ ankreuzen bzw. angeben, welche Organe gespendet werden können und welche nicht – so macht ihr eure Position deutlich und nehm eueren Angehörigen, nach eurem Tod, diese Last ab. Es ist nie „zu früh“ sich darum zu kümmern, man ist nie „zu jung“!

Organspendeausweis online beantragen
Luxemburg: http://sante.public.lu/fr/droits/don-organes/carte/index.php
Deutschland: https://www.organspende-info.de/articles/2362

Eine Antwort zu „Widersprechen oder spenden – „Organspende soll zum Normalfall werden“”.

  1. […] Ich habe einen Organspendeausweis, seit ich 16 bin, aber mir geht es nicht darum, euch zu überzeuge… […]

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